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Auf ein Wort mit Alexander Herrmann

Die Corona-Krise wirkt sich seit Monaten besonders auf die Gastronomie aus und ihre Gäste leiden, da Restaurants geschlossen bleiben mussten. Unter erheblichen Einschränkungen können sie zwar wieder öffnen, was jedoch viele Betriebe nicht vor dem Ruin schützen wird. Eine Lösung gibt es jetzt mit „Abholhelden“, die Plattform ermöglicht der Gastronomie ein wirtschaftliches Standbein durch ein zentral koordiniertes To-Go-Geschäft. Alexander Herrmann („Posthotel Wirsberg“, „Imperial“, „Fränk’ness“) ist von der Idee überzeugt und unterstützt als erster Zwei-Sterne-Michelin-Koch die „Abholhelden“. 

Was er so faszinierend an der Plattform findet, welche Erfahrungen er mit Food to Go gemacht hat und ob die Gastronomie aus seiner Sicht zur Normalität zurückkehren wird, hat er in einem ausgiebigen Interview erklärt.

Warum unterstützen Sie die Idee der „Abholhelden“?

Seit Beginn der Corona-Krise mussten mein Team und ich neue Wege gehen. Wir leiden alle unter der Situation, nicht nur finanziell. Mir fehlt der Kontakt zu meinen Gästen. Kochen macht glücklich! Und Essen sowieso. Daher bieten wir unseren Gästen, so lange die Restaurants geschlossen bleiben müssen, fertig zubereitete Menüs an, die vorgegart sind. Wir nennen sie Feinschmecker-Boxen. Zu Hause müssen diese Menüs in der Regel nur noch angerichtet oder finalisiert werden. Durch einen Bekannten hörte ich von dem Konzept der „Abholhelden“, von dem ich sofort begeistert gewesen bin.

Was hat Sie so begeistert?

Als Gastronom sind mir klassische Lieferdienste immer ein Dorn im Auge gewesen. „Abholhelden“ schafft ein Qualitätsniveau, das wir von klassischen Lieferdiensten nicht kennen. Warum nicht? Weil sie es nicht leisten können. „Abholhelden“ stärkt die direkte Verbundenheit zwischen dem Gast und seinem Lokal um die Ecke oder einem Restaurant, das sie immer schon mal ausprobieren wollten. Das finde ich wirklich schön: Jeder Nutzer kann durch „Abholhelden“ die gastronomische Familie in seinem Umkreis kennenlernen. Und zu dieser Familie gehören sehr viel mehr Mitglieder als der Sushi- oder Pizzaservice. Ganz wichtig ist immer: Gastronom und Gast bleiben im Kontakt. Und zwar von Angesicht zu Angesicht. Außerdem empfinde ich das Verhältnis von den „Abholhelden“ zu uns Gastronomen als ein partnerschaftliches. Lieferdienste verlangen sehr hohe Provisionen, doch die Qualität können sie nicht garantieren. Das schmeckt mir nicht.

Wie genau sieht dieses Konzept aus?

„Abholhelden“ ist das Gegenteil der Lieferdienste – und zwar in jeder Hinsicht. Wenn ich mich als Gastronom auf einen Lieferdienst verlasse – ich nenne keine Namen, aber wir kennen sie alle – dann spiele ich russisches Roulette. Warum? Weil ich nicht weiß, was mit meinem Produkt auf dem Weg zum Kunden passiert. Und weil ich ebenfalls nicht weiß, wann mein Produkt überhaupt beim Kunden ankommt. Und als Kunde habe ich umgekehrt keinen direkten Kontakt zum Restaurant. Wie also soll das so dringend notwendige Vertrauen entstehen? Lieferdienste waren bislang alternativlos. Ich konnte mich jedoch nie für einen entscheiden. Es ist mir dabei oft passiert, dass Kunden sich später bei mir über das Essen beschwert haben – und ich konnte nicht nachvollziehen, warum. Aus Sicht des Kochs kann ich ganz klar sagen: Es ist mir lieber, wenn mein Gast das Essen abholt. Dann sehe ich ihn, dann kann ich mit ihm sprechen.

Warum ist „Abholhelden“ aus Ihrer Sicht die bessere Alternative?

Es ist natürlich keine grundsätzlich neue Idee, sich Essen aus dem Restaurant mit nach Hause zu nehmen. Meine Oma hat sich im Restaurant auch immer den Rest einpacken lassen. Mit „Abholhelden“ wird Genuss planbarer. Als Gastronom spare ich Manpower und minimiere außerdem Fehlerquellen, weil es keine Fake-Bestellungen gibt. Durch „Abholhelden“ haben Koch und Kunde volle Kontrolle. In dem Moment, in dem ein Gast sein Essen selbst abholt, kann er sich einen persönlichen Eindruck machen von dem Restaurant, bei dem er etwas bestellt hat. Essen ist sinnlich. Es sollte auch in Zeiten der Corona-Krise keine ausschließlich technische Angelegenheit werden, kein Klick in einer App. Durch „Abholhelden“ entsteht immer ein direkter Kontakt von Mensch zu Mensch – und nicht bloß von Mensch zum Smartphone. Koch und Kunde gucken sich einmal in die Augen – natürlich aktuell unter Einhaltung der den gebotenen Mindestabständen, versteht sich. Dieser Moment ist ein gegenseitiges Versprechen. Denn jede Bestellung wird vom Koch bewusst und persönlich übergeben, der dem jeweiligen „Abholhelden“ vielleicht noch den einen oder anderen Hinweis mit auf den Weg gibt. Ich möchte niemandem zu nahetreten, der mit einer Kiste auf seinem Gepäckträger für einen Lieferservice durch die Stadt rast, aber vertrauenserweckend ist dieses System nicht. Ich als Gastronom lege die Verantwortung über mein Essen in die Hände des Fahrradkuriers. Als Kunde muss ich dieses Essen annehmen, egal wann es kommt und in welchem Zustand und habe keine Qualitätskontrolle. Ich weiß auch nicht, wem mein Fahrradkurier die Hand geschüttelt hat und wem nicht. Und wenn mein Essen durchgeschüttelt ist, dann habe ich Pech gehabt. Ich glaube, Lieferdienste sind für beide Seiten keine zufriedenstellende Situation.

Sie sind Zwei-Sterne-Koch. Kann „Abholhelden“ ohne Qualitätseinbußen funktionieren?

Ein Abholdienst ist zunächst einmal wesentlich bewusster und auch planbarer als ein Lieferdienst. Der Gast vermeidet unnötige Wartezeiten. Ein Teil der sehr hohen Provision, die der Lieferdienst von dem Restaurant verlangt, kann nun direkt in die Qualität des Essens fließen, wenn es stattdessen abgeholt wird. Auf diese Weise kann jeder über „Abholhelden“ viele auch kleinere Gastronomen oder traditionelle Wirtshäuser in seiner Region stärken. Und wenn ich das Essen abhole, dann habe ich selbst alles im Griff – genauso, wie zuvor der Gastronom. Es gibt sicherlich zeitliche Grenzen, aber durch das Abholen lassen sie sich nach hinten verschieben. Es gibt auch bestimmte Zubereitungsformen, die nur im Restaurant funktionieren. Aber die Einbußen, die man hat, wenn man diese Gerichte abholt, sind wenn überhaupt eher optischer Natur. Der Geschmack bleibt erhalten. Natürlich ist es aber auch immer eine Frage der Zeit zwischen Zubereitung und Verzehr. Niemand würde eine dreiviertel Stunde Fahrt in Kauf nehmen. Wir sehen, dass die meisten Gäste zwischen 15 und 30 Minuten fahren. Und das ist eine machbare Größe.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Außer-Haus-Küche während der Corona-Krise?

Wir haben schon früh während der Krise damit begonnen. Ich stelle fest, dass die Nachfrage am Wochenende größer ist als während der Woche. Sonntags mittags steht neuerdings regelmäßig eine Schlange wartender Menschen vor dem Restaurant. Dennoch ist es anders als früher. Jetzt kommen die Leute zu mir mit Körben und Schüsseln und freuen sich auf ihr Essen, das sie mitnehmen wollen. Das berührt mich sehr. Mir gefällt auch der umweltbewusste Gedanke daran. Vor ein paar Jahren war es noch verboten, sich in der Metzgerei die Wurst in ein eigenes Gefäß geben zu lassen. Für mich als Gastgeber ist es ein schönes Gefühl, den Menschen ihr Restaurant-Erlebnis ein Stück weit nach Hause mitzugeben. Die neue Distanz schafft eine ganz andere Form der Nähe. Für mich ergibt sich eine andere emotionale Energie, weil ich weiß, dass ich mein Essen nicht nur für meine Gäste koche, sondern dass sie es auch Zuhause essen werden.

Wie ist das Preisniveau bei „Abholhelden“?

Die Preise sind günstiger als im Restaurant. Alles andere würde ja keinen Sinn machen. Rein steuerlich betrachtet zahlt der Gast im Restaurant 19% Mehrwertsteuer, bei Abholung nur 7% Mehrwertsteuer. Dazu kommen 8% Provision für „Abholhelden“. Das macht am Ende mindestens 4% Ersparnis für den Gast.

Was wird bei Ihnen gerade am stärksten nachgefragt?

Unsere Gerichte zum Abholen bieten Genuss wie im Spitzenrestaurant. Gerade kristallisieren sich fünf Favoriten heraus. Zu allererst ist die Roulade mit Blaukraut und Klößen sehr nachgefragt. An Platz zwei folgt der Sauerbraten. Ganz aktuell sehr beliebt ist frischer Spargel mit Sauce Hollandaise und dazu Schnitzel oder Schinken. Außerdem sehr beliebt ist ein sehr hochwertiges Rib-Eye-Steak, das unsere Gäste zu Hause nur noch einmal ganz kurz in der Pfanne finalisieren müssen. Als vegetarisches Gericht sind Rahmpilze mit Brezenknödeln sehr gefragt. Ansonsten fällt mir auf, dass Salate und Desserts gerade nur eine Nebenrolle spielen.

Wird das Konzept der „Abholhelden“ die Corona-Krise überdauern?

Es gab ja auch vor Corona Außer-Haus-Geschäft. „Abholhelden“ professionalisiert diese Tradition jetzt. Dennoch: Ich bin mit ganzem Herzen Gastgeber. Und in meiner Brust schlagen zwei Herzen. Ich vermisse das kulinarische Erlebnis, das ich meinen Gästen in meinen Restaurants bereiten, kann jeden Tag. Ich bin froh, dass ich über „Abholhelden“ und meine Feinschmecker Boxen den Kontakt zu meinen Gästen nicht verliere. Das gab es im Kleinen schon immer. Ich glaube, es ist wie mit dem Kino: In Zeiten, in denen wir alle zu Hause technisch optimale Möglichkeiten haben, Filme zu sehen, gehen wir trotzdem noch ins Kino – weil wir das Erlebnis nicht missen wollen. Und so ähnlich wird es in der Gastronomie auch sein. Es wird Tage geben, an denen man sich etwas zu Essen nach Hause holen wird. Und es wird Tage geben, an denen ich lieber im Restaurant sein möchte. „Abholhelden“ ist aus meiner Sicht auch eine Chance für das klassische Wirtshaus, den Weg in die moderne Welt zu finden. Ein Restaurant-Erlebnis wird immer ein eigenes Erlebnis bleiben. „Abholhelden“ ist eine sinnvolle Ergänzung.

Wie ist Ihre Prognose – wann kehrt die Gastronomie zur Normalität zurück?

Durch Corona wird offensichtlich, dass wir Gastronomen über die letzten Jahre einen immens hohen Kostendruck hatten, der immer höher wurde. Damit haben wir ein Vakuum geschaffen, so dass es dem Mittelstand in der Gastronomie unmöglich war, Rücklagen zu schaffen. Diese Entwicklung fällt uns jetzt auf die Füße. Es gibt viele Betriebe, die sich von Monat zu Monat gehangelt haben. Die haben es jetzt sehr schwer. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die Krise nicht alle Betriebe überleben, ist nicht von der Hand zu weisen. Es wird sicher eine Marktbereinigung geben. Rein emotional finde ich das sehr unfair, weil keiner dafür verantwortlich ist. Wenn Corona hinter uns liegt, wird die Welt der Gastronomie eine andere sein. Gleichwohl glaube ich aber auch, dass die Gäste sich schon darauf freuen, wieder in die Restaurants gehen zu können. Mit Mineralwasser, Nudeln und Toilettenpapier hat man dann ja auch genügend Zeit verbracht.

Bestellen können Sie jederzeit unter abholhelden.de. Was hinter der Idee von „Abholhelden“ steckt, kann unter Helden ohne Umhang nachgelesen werden.

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