14 Sep Delizioso Dalsass
Wenn im Engiadina (rätoromanisch für Engadin) der Schnee wie ein zu lang ausgekühltes Soufflé zusammenfällt, um dann als flüssiger Schmelz die Täler herabzurinnen, zieht der Frühling ins Land. Im Gourmetrestaurant Talvò by Dalsass herrscht ganzjährig eine nach Arvenholz duftende warme „Luxusstuben-Atmosphäre“. Hier sitzt der Schmelz auf der Zunge und den feinfühlig soufflierten Quarkschmarrn à la façon “Pink Lady“ – mit Apfel, Karamell-Eis und Fleur de Sel“, gibt es als luftiges Dessert à la Carte. Ein Hinweis: 12 Minuten Zubereitungszeit als echter „Slowfood-Indikator“.
In seinem Restaurant Talvò im pittoresken Weiler Champfèr bei St. Moritz vereint Sternekoch Martin Dalsass seit fünf Jahren Tradition, moderne Interpretation und eine große Liebe zu regionalen Produkten. Der gebürtige Südtiroler, der gerade mit 18 GaultMillau-Punkten ausgezeichnet wurde, zählt zu den besten Köchen der Schweiz. 26 Jahre lang war er im Restaurant «Santabbondio» in Lugano ‚maestri dell´arte culinaria‘. Dalsass hat den Südtiroler Flavor fast schon missionarisch in die Schweiz mitgebracht. Für den Küchenchef bedeutet die Zukunft der ‚alta cucina‘ ein „Zurück zur Natur“. Er schätzt die Symbiose von Leichtigkeit und Schlichtheit in der mediterranen Küche respektive des Eigengeschmacks ihrer Einzelkomponenten. Die Philosophie seines Küchenstils beruht auf dem Respekt vor dem Grundprodukt und seiner ebenso schonend, wie raffinierten Zubereitung. Es gilt die Ursprünglichkeit des Geschmacks und die und diesen nur leicht zu akzentuieren aber auch die „Aromen der Region“ zu integrieren. Das macht der „Meister des grünen Goldes“ am liebsten mit hochwertigem Olivenöl. So werden Baby Steinbutt und Artischocke mit cremiger Olivenöl-Hollandaise beträufelt, Pommes Frites gekonnt in Olivenöl frittiert und Himbeeren treffen beim süßen Abgang auf eine Mousse aus Olivenöl und Felchlin Arriba Schokolade. Der süß-scharfe Crisp, der die mit Kastanienhonig und Pfeffer lackierte Challans-Entenbrust im Mund begleitet, ist ein echtes Manifest der Dalsass´schen Vorliebe für Wild und Wildgeflügel. Und so ganz nebenbei produziert er sogar eigene Trockensalamis, die wie wohlgehütete Schätze in speziellen Trockenschränken, darauf warten verkostet zu werden. Liebevoll und mit strahlenden Augen streicht Martin Dalsass über seine „Babys“, die als kleine Amuse-Bouche zu Aperitif gereicht werden.
Welch eine Wohltat in dieser gemütlichen, ungekünstelten Atmosphäre pure Gastlichkeit erleben zu dürfen. Nicht nur der Gast mit großer Rechnung ist gefragt, im Talvò freut man sich auch über diejenigen, die zur Befriedigung des kleinen Hungers zwischendurch genüsslich ein einziges Gericht konsumieren. So vereinen sich „Cavatellis“, jene frechen Hohlraum-Mini-Nudeln als Zwischen- oder Hauptgang mit Tomaten-Concassée, Muscheln und Calamaretti und Sellerie Gnocchi freuen sich über die Begleitung von Périgord Trüffel und Taleggio, dessen würzig-fruchtiger Geschmack Nuancen von gerösteten Nüssen vermuten lässt.
Der Blick in den Weinkeller lässt eine erlesene Vielfalt erahnen. Der Talvò-Sommelier begleitet die Gäste mit einem umfangreichen Wissen über eine Weinkultur mit 600 Etiketten. Wie die guten Tropfen wählt Chef de Service, Sohn Andrea Dalsass das Team aus – ein entscheidender Erfolgsfaktor des Talvò. Schwiegertochter Dora Ferrarini kümmert sich um die Gäste und ist die „la Mama des Gastraums“ – ein offenes Atrium der Genüsse.
Martin Dalsass sprüht nach einer über 45 jährigen Laufbahn vor Leidenschaft und Erfindergeist. Dieser Funke sprang 2011 sofort auf die beiden Investoren Peter Spuhler und Michael Piper über, die das 350 Jahre alte schmucke Talvò Haus mit seinen Sgraffito-Verzierungen (eine ornamentale Kratzputztechnik der Renaissance) nicht uneigennützig vor dem Umbau in Eigentumswohnungen, bewahrt haben. Als eines der ältesten und besterhaltenen Engadiner Häuser der Schweiz, wurde das einstige Bauernhaus mehrfach privat zwischengenutzt. Auch Prominente wie Gunther Sachs oder Brigitte Bardot nutzen das schmucke Haus im Oberengadin in den 60er/70 er Jahren als praktisch nah an St. Moritz gelegene Jetsetadresse. Ende der 80er begann die Gourmetära über die Badrutt’s Palace-Bertriebe und das Ehepaar Jöhri, das 2011 sein Lebenswerk und das Herz des Talvò vertrauensvoll in die richtigen Hände übergab. Martin Dalsass verkörpert die perfekte Symbiose aus Sterne Gastronomie und einem solidem Geerdet-Sein.
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