31 Mai Schokodaddy
Als die Rolling Stones Urgesteine Ron Wood und Charlie Watts gemeinsam ihren Geburtstag feierten, fehlte ihnen der Rock´n Roll-Faktor. Ein Highlight musste her, etwas Fulminantes, nie da Gewesenes – in Belgien wurden sie fündig.
Dominique Persoone präsentierte den “Chocolate Shooter”, eine kleine Gerätschaft, die es ermöglicht, Kakaopulver zu schnupfen. Die verwöhnten Partygäste verschafften sich den ultimativen Kick nicht mit weißen Pülverchen, sondern schossen sich per Mini-Katapult mit Ingwer oder Himbeere versetzten Kakao in ihre Nase.
Nicht erst seit diesem Zeitpunkt avanciert der Chocolatier zum Schokoladen-Papst, zum Lieblingskollaborateur der Sterneköche avanciert. Seine Idee hinter dem dekadenten “Shooter”: Wir rezipieren Geschmäcker sehr viel stärker mit der Nase als gemeinhin angenommen: “Wenn man den Chocolate Shooter benutzt, ist man zuerst überrascht, weil der Kakao in den Kopf geschossen wird. Aber nach einer Weile erreicht der Kakao das Gehirn und plötzlich hat man ein Glücksgefühl.” Und so liefert Dominique den ultimative Beweis, dass Schokolade nicht nur glücklich, sondern auch high macht.
Seine unkonventionelle Denkweise ist Kern des Erfolgs von “The Chocolate Line”, welche der gelernte Koch mit seiner Frau Fabienne seit 1992 in Brügge betreibt. Dort fertigt Persoone extravagante Pralinenkreationen, indem er hochwertigen Kakao mit exotischen Ingredienzen kombiniert. Zutaten wie Wasabi, Apfelessig oder Cabernet-Sauvignon sind keine Seltenheit, oder auch eine Leckerei mit Tabakblättern, ersetzt die Zigarre danach.
Auch der “Chocolate Lipstick” entstammt Dominiques Werkstatt. Wozu man so etwas braucht? “Servieren Sie Ihren Gästen Vanilleeis und genießen Sie es mit Schokolade auf den Lippen!” Das sinnliche Vergnügen ist hier Programm: Genuss im Überfluss, schokoladenhaltige Dekadenz – doch das ist nur eine Motivationsquelle für Dominiques Arbeit. Daneben setzt er sich intensiv mit der Historie eines Jahrtausende überlebenden Produkts auseinander. Der Belgier unternimmt regelmäßig Expeditionen ins Amazonasgebiet, immer auf den Spuren des Kakaos. So entstand sein Buch “Cocoa, the roots of chocolate”, das 2008 zum besten Schokoladen-Buch der Welt gekürt wurde. Seitdem geht es Schlag auf Schlag in Brügge: Geprägt von den Eindrücken seiner Reisen, gründet der Unternehmer vier Jahre später seine eigene Manufaktur, in der Kakao verarbeitet wird, der auf der “The Chocolate Line” Kakaoplantage im mexikanischen Yucátan nachhaltig angebaut wird. Eine Zuckerplantage nennt Dominique Persoone zwar noch nicht sein Eigen, doch immerhin finden auf dem Dach der “Chocolate Factory” rund 180.000 bedrohte Bienen ein neues zu Hause und liefern den Honig für neue schokoladige Leckereien. Ganz antivegan und doch gut für die Bienenvölker und für die Natur. Verantwortungsbewusstes Unternehmertum – ein essentielles Thema für die Schokoladen-Nerds: “Schon am Anfang haben wir Pralinenschachteln aus recyceltem Papier verwendet.” Neuerdings widmet sich The Chocolate Line übrigens der Haselnuss. Die führt ihn nach Italien, wo Bauern Bio-Haselnüsse anbauen, aus denen Dominique seine eigene Pralinencreme herstellt.
Erwerben kann man das politisch korrekte Naschwerk übrigens in Brügge und Antwerpen. Es mag kaum verwundern, dass auch die Trophäe für das schönste Schokoladen-Geschäft der Welt an Dominique und seine Crew ging. Man darf gespannt sein, welches Superlativ Persoone als nächstes für sich pachtet. In puncto Schokolade bleibt er seiner Linie treu.
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